Neue Galerie im „schmalsten Haus“

Die „galerie“ wird am kommenden Samstag in Bregenz eröffnet.
Bregenz hat eine neue Galerie, und das an einer prominenten Adresse: Im „schmalsten Haus Europas“ in der Kirchstraße 29 gibt es einen neuen Kunstraum, der auch Schauplatz von Events wie Lesungen und Konzerten sein wird. Am Samstag wird mit der Finissage der ersten Ausstellung offiziell der Einstand gefeiert – Corona hat die Eröffnungspläne durcheinandergebracht. Geleitet wird die „galerie“, so der schlichte Name, von Künstlerin Isabel Sandner und von Glasskulpteur Patrick Roth, die beide in der ersten Schau ihre Werke präsentieren. Künstler Gottfried Bechtold wird bei der Finissage eine Rede halten, das musikalische Duo „Das Kollektiv“ wird Italo-Western-Improvisationen zum Besten geben. In Sandners neuer Werkserie dreht sich nämlich alles um Sergio Leones filmische Meisterwerke.

Sandner selbst wohnt über der „galerie“, wie sie erzählt. Das Gebäude befindet sich in Besitz von Andreas Gaisberger, der das Haus von 2016 bis 2019 renovieren ließ. Wer nun die Galerie betritt, trifft nicht etwa auf einen äußerst schmalen Raum, denn das Haus hat keine eigenen seitlichen Außenmauern. Die Räumlichkeiten öffnen sich nach dem Eintritt, und überraschen im hinteren Bereich auf Seite der Thalbachgasse mit einem zweistöckigen, sehr schönen Raum. Im unteren Geschoss wird Ende des Jahres Glaskünstler Roth, der derzeit seine Werkstätte in der Kirchstraße 19 hat, seinen neuen Arbeitsplatz einrichten. Im vorderen Bereich gibt es eine Bar und Sitzmöbel aus alten Zeiten, als in dem Gebäude noch die Bürstenmanufaktur Lang beheimatet war. Herr Lang nutzte den Raum als Schauraum für seine Kinderwägen. „Statt Kinderwägen zeigen wir nun Kunst“, sagt Sandner schmunzelnd.
Zermürbende Szenen
Besonderes möchten die beiden in Zukunft hier präsentieren, und die hohe Frequenz an Neugierigen, die das „schmalste Haus Europas“ anschauen möchten, nutzen, um diese besondere Kunst – die dürfe laut Roth auch provokativ sein – den Menschen zu zeigen. In Zukunft soll es auch Lesungen von junger Literatur in Kooperation mit dem nahegelegenen Felder-Archiv geben, die nächste Schau bestreitet der Astrofotograf Sebastian Voltmer ab 15. August. Am Samstag kann der Besucher aber noch in die Welt des Westerns eintauchen und Roths Skulpturen entdecken.

Für ihre neue Serie „Shooting Ballet“ untersuchte Sandner akribisch Leones Westernfilme. Dabei fiel ihr ein spezielles Bewegungsmuster auf: Beim „zermürbenden“ Revolver-Duell baue sich eine Spannung auf, indem die Kontrahenten minutenlang mit der Hand an der Waffe lauern würden, erklärt die Bregenzerin. Dann der Schusswechsel, und in Sekundenschnelle bewegt sich der von der Kugel Getroffene. Die Künstlerin erinnerten diese Bewegungen an ein Ballett. Sie suchte passende Szenen heraus, die sie fotografierte, übereinanderlegte, verfremdete und damit zu ihrem eigenen Kunstwerk machte, so Sandner.

Leone selbst, der im „kongenialen Duo“ mit dem kürzlich verstorbenen Komponisten Ennio Morricone seine Filme schuf, baute Referenzen der Kunstgeschichte in seine Filmästhetik ein. Einige Szenen erinnern etwa an Werke von Velázquez, Albin Egger-Lienz oder Giorgio di Chirico, meint Sandner. Die Künstlerin selbst stieß in ihrer Recherche auf weitere Referenzen: Wenn etwa Henry Fonda in „Spiel mir das Lied vom Tod“ einen Mitstreiter erschießt, sehe dieser so aus wie Elvis. Weitere Assoziationen mit der Kunstwelt hielt sie in humorvollen Übertiteln zu den Serien fest. Sandner zeigt zudem ältere Werkserien.
Ästhetik und Sozialkritik
Beeindruckend sind die Skulpturen von Roth, die nicht nur den faszinierenden Bereich des Glaskunst-Handwerks aufzeigen. Seine Werke wirken einerseits ästhetisch in Optik und Haptik, haben jedoch stets auch einen sozialkritischen Beweggrund, erklärt der Skulpteur. Da ist etwa eine Arbeit, die sich mit dem Dreißigjährigen Krieg auseinandersetzt. In einer Folge von handgeschliffenen Gläsern zeigt der Künstler die Zerstörung im Laufe des verheerenden Krieges auf. Nummeriert sind die Gläser von 18 bis 48, in Anlehnung an den Zeitrahmen (1618 bis 1648). Roth schuf etwas, um es wieder zu zerstören: Der Arbeitsschritt selbst war hier für ihn wesentlich. Spannend auch die Werkserie „Divergenz der Gleichheit“. Der Künstler gibt, wie Sandner, bei der Finissage gerne Auskunft über seine Arbeit.
Finissage und Galerie-Eröffnung am Samstag, den 25. Juli um 18.30 Uhr. Infos: http://www.galerie-bregenz.com