Kritik an Einladung zur Impfung

Rot-Kreuz-Direktor Roland Gozzi lud Belegschaft zur Impfung ein.
Bei den Covid-19-Impfungen am vergangenen Wochenende wurden möglicherweise mehrere 100 Personen in der Impfstraße in Dornbirn gegen Sars-CoV-2 geimpft, die gemäß der Priorisierungsvorgabe des Bundes noch gar nicht an der Reihe gewesen wären. Es geht dabei um Mitarbeiter des Roten Kreuzes Vorarlberg und vor allem um deren Angehörige.
Auslöser dürfte der Umstand gewesen sein, dass bei den insbesondere für das Personal von Arztpraxen und Apotheken vorgesehenen Impfungen am Freitagabend sehr viele buchbare Impf-Slots freigeblieben sind. Das ist insofern problematisch, als der einmal aufgetaute Impfstoff innerhalb einer bestimmten Zeit verimpft werden muss, da er sonst unwirksam wird. Deshalb mussten offenbar schnell andere impfwillige Personen gefunden werden.
Einladung per Email
Was dann geschah, darüber gehen die Meinungen auseinander. Fakt ist, dass Rot-Kreuz-Direktor Roland Gozzi am Freitag kurz nach 17 Uhr ein E-Mail an alle Kommandanten und Ortsstellen des Roten Kreuzes in Vorarlberg geschickt hat. Darin stand: „Anbei die Anmeldemöglichkeit für eine Impfung dieses Wochenende. Achtung: Heute Abend wären ab 20.00 Uhr derzeit noch über 100 Plätze frei. Samstag und Sonntag gibt es nochmals Plätze. Es können sich alle MA des RK, beruflich, freiw, ZDL anmelden (wenn jemand seinen Partner mitbringt ist es auch kein Problem). Es gilt: Geschwindigkeit zählt.“ Im E-Mail fand sich auch der notwendige Anmeldecode.
Gozzi bestätigte auf Anfrage das E-Mail. Als sich am späteren Freitagnachmittag abgezeichnet habe, dass zu viel Impfstoff aufgetaut wurde, habe er das Rote Kreuz Vorarlberg und den Arbeiter-Samariter-Bund informiert, dass man sich kurzfristig impfen lassen könne. Dass er auch die Angehörigen von Rot-Kreuz-Mitarbeitern eingeladen habe, habe er aus eigenem Antrieb gemacht. „Das nehme ich auf meine Kappe. Ich hatte Angst, dass der Impfstoff verfällt, wenn sich zu wenig Impfwillige einfinden.“ Und da Mitglieder des Roten Kreuzes ohnehin in der nächsten Phase zur Impfung vorgesehen seien, habe sich das angeboten. Er rechnet damit, dass aufgrund seines E-Mails am Freitag noch zwischen 350 und 400 weitere Personen geimpft worden seien.

Alexandra Rümmele-Waibel, die ebenfalls am Freitag vor Ort anwesende Impfreferentin der Ärztekammer Vorarlberg, sagte dazu: „Das war eine unglaubliche Aktion des Herrn Gozzi. Als wir das festgestellt haben, haben wir die angemeldeten Rot-Kreuz-Leute und deren Angehörige sofort wieder aus dem Anmeldesystem rausgeworfen. So etwas darf nicht passieren, der Priorisierungsplan ist strikt einzuhalten.“
Auch sie geht davon aus, dass möglicherweise deutlich mehr als 100 Personen auf diesem Weg ihre Covid-Impfung zu früh und vor allem vor den Hochrisikogruppen erhalten hätten. „Aufgefallen ist es uns, nachdem die zu impfenden Personen immer jünger geworden sind. Da haben wir mal genau nachgefragt, wie sie zu diesem Impftermin kommen“, so Rümmele-Waibel.
Es sei zwar richtig, dass man mit den vorhandenen Impfdosen auch die Rot-Kreuz-Mitarbeiter in Dornbirn impfen wollte. Aber es könne keine Rede davon sein, gleich das ganze Rote Kreuz einzuladen und dazu noch deren Angehörige. Der noch vorhandene Impfstoff von Freitagabend sei dann von mobilen Teams am Wochenende in diversen Alters- und Pflegeheimen zur Gänze verimpft worden.

Gesundheitslandesrätin Landesrätin Martina Rüscher sagte, dass die Einladung von Angehörigen des Roten Kreuzes zur Impfung „nicht ganz o.k.“ gewesen sei und Gozzi dabei „etwas übers Ziel hinausgeschossen“ habe. Das habe man beim Erkennen sofort abgestellt. Trotzdem stehe sie dazu, dass das gesamte Rote Kreuz so schnell wie möglich durchgeimpft werden müsse. Derzeit liege man bei etwa 500 geimpften Rot-Kreuzlern. Das Land Vorarlberg habe sich dazu entschieden, innerhalb der ersten beiden Priorisierungen in der Impf-Phase 1 flexibel zu agieren und je nach Notwendigkeit und Verfügbarkeit bestimmte Gruppen vorzuziehen. „Das ermöglicht es, die Mannschaft des Roten Kreuzes früher zu impfen.“
Auf den Hinweis, wonach aufgrund dieser administrativen Fehler am Wochenende unzählige Personen aus Hochrisikogruppen in Vorarlberg jetzt länger auf ihre Impfung warten müssen, während teils sehr junge Bekannte von Rot-Kreuz-Mitarbeitern geimpft wurden, sagte Rüscher: „Man muss aufgrund der logistischen Herausforderungen auch etwas flexibel sein und ein pragmatisch-großzügiges Vorgehen bei den Impfungen erlauben.“ Dadurch werde gewährleistet, dass jede verfügbare Impfung auch verimpft werde.
Günther Bitschnau/wpa