„Lage ist ernst, aber nicht dramatisch“

Das sind die tatsächlichen Kapazitäten in den Krankenhäusern.
In Vorarlberg steigen die Zahlen weiter. Wie sieht die Situation in den Spitälern derzeit aus?
Gerald Fleisch: Die Situation ist in den letzten Tagen dramatisiert worden, daher zu den Fakten: Die Grundhaltung der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft ist, die Corona-Entwicklung nicht zu dramatisieren, aber auch nicht zu bagatellisieren. Wir haben 1900 Spitalsbetten, davon sind 69 von Covid-Patienten belegt. Da sieht man die Relation 69 zu 1900 ist nicht gerade atemberaubend. Grundsätzlich haben wir 430 Betten für Covid-Patienten reserviert und somit für Covid-Patienten nutzbar. Zum derzeitigen Zeitpunkt sind noch 361 Betten frei (Anm.: Stand Dienstag 17 Uhr). Die Situation ist zwar ernst, aber wirklich nicht dramatisch.
Wie steht es um die Belegung der Intensivbetten?
Fleisch: Es sind elf Intensivbetten belegt, wobei sieben Patienten intubiert sind. Im Unternehmen haben wir 51 Intensivbetten und können weitere 53 Beatmungsplätze aufrüsten. Das ist die derzeitige Situation, die sich natürlich binnen Tagen ändern kann. Die Hospitalisierungsrate ist für uns der Maßstab, denn sie ist epidemiologisch eine harte Zahl. In Vorarlberg sind wir in den Spitälern gut unterwegs, alle ziehen an einem gemeinsamen Strang, und aufgrund der Anhaltszahlen herrscht noch keine große Bedrohung.
Laut des Corona-Dashboards des Landes hat sich die Zahl der Hospitalisierungen von Montag auf Dienstag von 43 auf 69 gesteigert. Wie erklärt sich das?
Fleisch: Da kann es aufgrund des Feiertags zu Verwerfungen in der Darstellung gekommen sein. Am 24. Oktober waren es 54 Patienten, am Montag 63 und am Dienstag waren 69 Patienten in Krankenhäusern. Es ist eine stark lineare Steigerung, aber nicht exponentiell.
Spitalskapazitäten in Vorarlberg
Landeskrankenhäuser inklusive Krankenhaus Dornbirn und Maria Ebene:
Betten allgemein: 1900
Betten für Covid-Patienten: 430
davon derzeit belegt: 69
Covid-Intensivbetten: 51
davon derzeit belegt: 11
Es besteht Möglichkeit, weitere 53 Beatmungsplätze zur Verfügung zu stellen.
Ab wann müsste das Notversorgungszentrum auf dem Gelände der Dornbirner Messe wieder reaktiviert werden?
Fleisch: Wir haben noch rund 370 Betten offen. Wenn sich die Infektionszahlen in dieser Größenordnung weiterentwickeln, dann ist das sicher in den nächsten Wochen ein Thema. Wir haben ein Frühwarnsystem, und sobald wir merken, wir kommen an eine Grenze, würden wir das Notversorgungszentrum wieder aktivieren.
Es kommen täglich rund 200 Neuinfektionen dazu, die Anzahl der Hospitalisierungen, besonders der Intensivpatienten, halten sich aber noch in Grenzen. Gibt es eventuell einen Zusammenhang mit dem Alter der Erkrankten oder dem Krankheitsverlauf der Infizierten?
Fleisch: Das ist ganz schwer zu sagen. Wir nehmen das genauso wahr, es gibt aber keinen Zusammenhang. Wir würden es zwar gerne zuordnen, aber das können wir nicht. Es wären nur Mutmaßungen. Es ist damit zu rechnen, dass mehr Patienten kommen, wenn die Infektionszahlen so bleiben. Eventuell gibt es auch eine Verzögerung von ein paar Wochen. Im nahen Ausland haben wir aber gesehen, dass es sich schnell ändern kann. Daher ist die einzige richtige Maßzahl die Patienten im Krankenhaus und auf der Intensivstation.

Im Frühjahr wurde die Situation in Italien oder Spanien als warnendes Beispiel herangezogen. Mit der zunehmenden Erfahrung in Anbetracht der Bevölkerungsstruktur und des Gesundheitssystems stellt sich die Frage, ob solche Zustände bei uns überhaupt denkbar sind?
Fleisch: Grundsätzlich würde ich es nicht ausschließen, aber man darf nicht zu pessimistisch sein. Es ist möglich, aber wir haben den Vorteil der vielen Krankenhäuser und eines gut saturierten Gesundheitswesens. Die Gefahr einer Überlastung ist bei uns geringer als in anderen Regionen. Aber das Beispiel Holland, wo es in den letzten Tagen einen regelrechten Tsunami gegeben hat und alle überrollt wurden, zeigt, wie schnell es gehen kann. Ich würde aber sagen, dass wir aufgrund der guten und vielfältigen Infrastruktur gut unterwegs sind. Die Pandemie stellt aber die gesamte Gesellschaft vor eine neue Situation, weil sie einfach nicht berechenbar ist. Wir müssen einsehen, dass nicht alles auf Punkt und Komma beeinflussbar und berechenbar ist.