Fasching: Narren noch in Wartestellung

Fasnat wie gewohnt – das wird es wohl in der kommenden fünften Jahreszeit nicht geben.
Abstand halten ist nicht gerade das Wesen der Narretei. Und so scheint die gewohnte Durchführung der fünften Jahreszeit in Corona-Zeiten schlicht undenkbar. Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn will wegen des Verlaufs der Pandemie offenbar den Fasching in der Saison 2020/2021 komplett ausfallen lassen. Entschieden ist jedoch noch nichts.
Und auch hierzulande gibt es noch keine konkreten Pläne, wie Fasnat und Corona-Maßnahmen unter einen Hut zu bringen sind. Die Stimmung liegt irgendwo zwischen Hoffen und Bangen. „Fasching komplett abzusagen, kann ich mir so nicht vorstellen. Brauchtum kann man nicht einfach absagen, Brauchtum findet das ganze Jahr über statt. Bei Einzelpersonen oder in kleinen Gruppen“, sagt Michèl Stocklasa, Präsident des Verbandes Vorarlberger Fasnatzünfte und -gilden (VVF). Und doch fiel heuer bereits die erste Veranstaltung dem Lockdown zum Opfer.

Zwangsverlängerung vom Amt
Der 40. Verbandstag war eigentlich vergangenen April in Hard geplant. Eine Jubiläumsveranstaltung mit über 500 Gästen. Dabei wäre auch zur Hofübergabe gekommen. Stocklasa wollte das Präsidentenamt an seine Nachfolgerin übergeben. Besagtes Amt wurde nun quasi um ein Jahr zwangsverlängert und stellt Stocklasa vor ungeahnt große Herausforderungen. „In der Krise hält man aber zusammen“, sagt er.
Noch sei es zu früh, um seriöse Prognosen für kommenden Jänner oder Februar abzugeben. Zu viele Unbekannte habe die Gleichung. Doch solange die jetzigen Maßnahmen gelten, sei eine Fasnat, wie wir sie bisher kannten, unmöglich. Alle Facetten der Narretei sind laut Präsident betroffen. Veranstaltungen, Planungen, Proben, Umzüge, Wagenbau. „Wie soll da Abstand gehalten werden?“, fragt er wohl eher rhetorisch.
Alternative Formate
Im Herbst nehmen die Vereinstätigkeiten normalerweise Fahrt auf. Überwiegend geht es in Vorarlberg am 11. November los. Zumindest bei 75 Prozent der gut 150 Organisationen. „Einige Veranstalter haben bereits abgesagt. Weil sie nicht planen können und ihnen die Zeit davonläuft. Aber sie denken über alternative Formate nach“, sagt Stocklasa.
Alternative Formate – etwa zu gut besuchten Bällen oder Sitzungen – könnten weit kleinere Freiluftveranstalungen ohne Barbetrieb sein. Auch über „Online-Umzüge“, wurde schon diskutiert. Wobei auch dabei das Problem mit dem Abstand unter den Teilnehmern nicht vom Tisch ist. „Es wäre ein großer Aufwand, einen Umzug zu inszenieren und dann digital zu verbreiten. Das kann nicht unser Konzept sein“, beurteilt Stocklasa diese Idee. Am Ende sei es auch immer eine finanzielle Frage. Wie kommt bei einer Online-Veranstaltung Geld rein?
Vorsichtiges Verhalten
Einige Gemeinden würden dennoch gerne ein neues Prinzenpaar küren. Aber die Verantwortlichen bleiben vorerst zurückhaltend, was das Gefolge, einen eigenen Wagen und die Kostümierung angeht. „Man ist vorsichtig damit, jetzt schon zu viel Geld in derartige Projekte hineinzubuttern, wenn es am Ende vielleicht nichts wird. Mit Hosenknöpfen kann nun einmal kein Verein geführt werden“, formuliert es Stocklasa.
Noch sei aber ein wenig Zeit, um die Entwicklung der Pandemie zu beobachten. Der Verband geht aber davon aus, dass örtliche Veranstalter auch noch im Spätherbst entscheiden, was oder wie sie tun. Stocklasa rechnet auch damit, dass die derzeitige Covid-19-Lockerungsverordnung des Bundes mit Schulbeginn erneut adaptiert wird. Die Bezirksvereine werden laut Präsident in jedem Fall nächsten Monat tagen und eine „Bestandsaufnahme“ machen. Die Verbandsverantwortlichen werden dann entsprechende Empfehlungen ausarbeiten. Darüber hinaus wird jedem Verein nahegelegt, ein Mitglied zu Präventionszwecken zum „Covid-19-Beauftragten“ ausbilden zu lassen.
Landesnarrentag
Etwas eiliger hat es der Verband mit einer Entscheidung für die größte Faschingsveranstaltung im Land. Der 11. November ist für Narren zwar der Start in die Fasnat, so richtig rund geht es aber nach Dreikönig. Am 10. Jänner 2021 soll die 39. Auflage des Landesnarrentags in Lustenau über die Bühne gehen. Normalerweise hat der Ausrichter ein Jahr Vorlaufzeit, um das Event auf die Beine zu stellen.
Deswegen muss Anfang September die Entscheidung fallen, ob die Veranstaltung stattfinden kann oder eben nicht. „Es kann uns durchaus passieren, dass der Landesnarrentag ausfällt, weil er unter den aktuellen Auflagen so nicht umsetzbar ist. Abgesehen vom erhöhten Personaleinsatz und finanziellen Aufwand ist es fraglich, ob wir das Risiko eingehen wollen. Es ist eine Zwickmühle“, sagt der VVF-Präsident.
Erkältung, Grippe und Covid
Was auch noch erschwerend hinzukommt: Das Kerngeschäft der Narretei findet in einer Jahreszeit statt, in welcher naturgemäß auch andere Erkrankungen neben Covid-19 verbreitet sind. Nämlich Erkältungen und Grippe. Es dürfte grundsätzlich schwer werden, diese auf den ersten Blick auseinanderzuhalten.
Doch Stocklasa gibt die Hoffnung nicht auf, dass es im Herbst vielleicht doch noch passendere Maßnahmen geben wird. Für ihn ist es vor allem der zwischenmenschliche Aspekt, der für eine Faschings-Saison sprechen würde. Er fürchtet, dass das soziale Engagement generell auf der Strecke bleiben könnte.